Trauriger Spitzenreiter: Im Bauamt der Gemeinde Gründau sind aktuell vier Stellen nicht besetzt. Ein Problem, das allerdings auch in anderen Kommunen gut bekannt ist. Wenn sich heimische Bürgermeister mit Vertretern der Arbeitsagentur über die Personallage in den Verwaltungen austauschen, gibt es einen Running-Gag, obwohl er eigentlich nicht lustig ist: Wo denn aktuell der Schuh drückt, wollen die Vertreter der Arbeitsagentur dann meistens wissen. Nur um aus leidvoller Erfahrung nachzuschieben: Bei den Kitas oder in der Bauverwaltung? Um die zwar auch schwierige Personalsituation in vielen kommunalen Kitas soll es in diesem Text nicht gehen. Sondern um die Lage in den Bauämtern. Und die ist vielerorts extrem angespannt – mit spürbaren Folgen.

Fast alle Kommunen spüren inzwischen die Folgen des Fachkräftemangels, der in verschiedenen Bereichen der Verwaltung die tägliche Arbeit erschwert. Besonders die Bauämter sind von dieser Entwicklung betroffen. Im Altkreis Gelnhausen vermeldet jede zweite Kommune derzeit mindestens eine Vakanz in der Bauverwaltung. In einzelnen Gemeinden sind es auch mehrere Stellen, die aktuell offen sind. Aber auch in Kommunen, in denen die Bauämter auf dem Papier voll besetzt sind, gibt es Probleme. Vor allem deshalb, weil die Flut an Aufgaben auch bei Vollbesetzung kaum zu meistern ist. So sagt beispielsweise Birsteins Bürgermeister Fabian Fehl (SPD) im Gespräch mit der GNZ: „ Unser Bauamt ist derzeit voll besetzt. Das bedeutet allerdings nicht, dass wir alle Aufgaben und Vorgaben erfüllen können. Wir sind auch mit voller Besetzung am Limit, und als Arbeitgeber habe ich eine Fürsorgepflicht, auch im eigenen Interesse, die Mitarbeiter so lange wie möglich halten zu können.“ Selbst bei Vollbesetzung ?ist die Fülle an Aufgaben ?kaum zu bewältigen. Eine Einschätzung, die auch Fehls Linsengerichter Amtskollege Albert Ungermann (SPD) teilt: „ Auch bei Vollbesetzung ist der Arbeitsanfall nicht zu schaffen. Tagesgeschäft, Großbaumaßnahmen und viele kleinere Arbeiten sind nur beschränkt leistbar.“

Umso gravierender stellt sich die Situation in Kommunen dar, in denen Bauamtsstellen derzeit nicht besetzt sind. Im Altkreis Gelnhausen berichten folgende Bürgermeister von Vakanzen in ihren Bauverwaltungen: „ Bei uns sind derzeit gleich vier Stellen vakant“ sagt Gründaus Rathauschef Gerald Helfrich (parteilos). In Wächtersbach kommt Bürgermeister und Verwaltungschef Andreas Weiher (SPD) auf drei offene Stellen. In Gelnhausen ist es eine, für Biebergemünd berichtet Bürgermeister Matthias Schmitt (parteilos) sogar von acht offenen Stellen in der gesamten Verwaltung, zwei davon im Bauamt, wo auch noch eine neue Leitung gesucht wird. Gerade die Situation in Biebergemünd zeigt eindrucksvoll den Ernst der Lage. Selbst einer finanziell gut aufgestellten Gemeinde wie Biebergemünd, in der der Gestaltungsspielraum entsprechend groß ist, fällt es immer schwerer, geeignetes Personal zu finden. Gründe dafür gibt es mehrere: „Der Fachkräftemangel spielt eine große Rolle. Ebenso muss der öffentliche Dienst insgesamt wieder interessanter werden für die Jobinteressierten“ sagt der Biebergemünder Rathaus-chef Matthias Schmitt.

Allerdings ist es nicht nur das Image des öffentlichen Dienstes, das die Suche nach geeigneten Kandidaten erschwert. Vielmehr sind es ganz handfeste Gründe, die Fachkräfte vom Wechsel in eine kommunale Verwaltung abhalten, zuvorderst die Bezahlung. So sagt beispielsweise der langjährige und gestern aus dem Amt des Bürgermeisters der Gemeinde Sinntal verabschiedete Carsten Ullrich (SPD) im Gespräch mit der GNZ: „ Eine Beschäftigung bei Kommunalverwaltungen scheint derzeit nicht mehr allzu attraktiv zu sein, vor allem bei Stellen, die mit der freien Wirtschaft um Fachkräfte konkurrieren.“ Dies gelte besonders für die Bauverwaltungen. Ullrich: „ Bauingenieure, Techniker oder Meister verdienen in der freien Wirtschaft deutlich mehr als im Öffentlichen Dienst. Hier ist der Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst (TvÖD) gegenwärtig unattraktiv.“ Etwas diplomatischer, aber mit gleicher Stoßrichtung äußert sich der Biebergemünder Rathauschef Matthias Schmitt: „Kommunen sind stets zur sparsamen Haushaltsführung angehalten und werden dementsprechend von Arbeitgeberseite auch in Tarifverhandlungen vertreten. Gleichzeitig werden in Deutschland in den nächsten Jahren aufgrund der demografischen Entwicklung immer mehr Fachkräfte fehlen, sodass es gilt, in diesem Spannungsfeld künftig auch tariflich die Voraussetzungen zu schaffen, damit der Öffentliche Dienst stärker wie bisher in der Lage sein wird, mit der Privatwirtschaft im Rennen um die klügsten Köpfe zu konkurrieren.“

Bürgermeister fordern bessere Bezahlung von Fachkräften. So sieht es auch Carsten Ullrich: „Insgesamt erscheint es erforderlich, die Tarifstruktur anzupassen und die Tarifentgelte angemessen zu erhöhen. Wohlwissend, dass Personalmehrkosten die kommunalen Haushalte zusätzlich belasten werden. Dennoch ist eine angemessene und vergleichbare Bezahlung für Fachkräfte unausweichlich. Ansonsten verschärft sich die Situation weiter und lässt gerade die kleineres Verwaltungen ausbluten.“ Und auch Freigerichts Bürgermeister Dr. Albrecht Eitz (SPD) fordert eine bessere Bezahlung für Verwaltungsfachkräfte: „Hier ist der kommunale Arbeitgeberverband gefordert. Die Bezahlung ist im Vergleich zur Privatwirtschaft schlicht nicht wettbewerbsfähig.“

Politischer Umgang mit      Verwaltungsmitarbeitern sorgt für Frust. Eitz ist einer von zwei Bürgermeistern im Altkreis, die im Gespräch mit der GNZ allerdings nicht nur die zu geringe Bezahlung als Grund für die Personalprobleme in den Bauverwaltungen ansehen. Ein weiterer Grund für Eitz: der Umgang mit Verwaltungsmitarbeitern, vor allem durch die und in den politischen Gremien: „Wenn das Fachwissen von Bauamtsmitarbeitern in Ausschusssitzungen öffentlich infrage gestellt wird durch‚ selbsternannte „Experten“ dann fördert das nicht die Motivation der Belegschaft.

Ähnlich sieht es Eitz‘ Wächtersbacher Kollege Andreas Weiher. So seien zwei der derzeit drei offenen Stellen im Bauamt durch Kündigungen der entsprechenden Mitarbeiter entstanden, die mit „politischem Frust“ begründet worden seien: „Die Anzahl und Dauer der Sitzungen, Protokolldienste und politisch ausgelöste Kommunikationsbelastungen, die von der eigentlichen Arbeit für die Bürger ablenken“ sieht Weiher als Ursachen für den Frust seiner (Ex-)Angestellten.

So ist es genau diese erwähnte „eigentliche Arbeit für die Bürger“ die teilweise auf der Strecke bleibt. Zwar finden die Kommunen mitunter kreative Lösungen – etwa der projektbezogene Rückgriff auf erfahrene Mitarbeiter, die bereits im Ruhestand sind, aus den Problemen, die durch die nicht besetzten Stellen entstehen, macht aber kaum ein Bürgermeister einen Hehl. So berichtet etwa der Wächtersbacher Rathauschef Andreas Weiher: „ Die Arbeit leidet massiv. Für 48 Projekte haben wir derzeit nur einen Ingenieur.“

Mehrarbeit für die Mitarbeiter und Auswirkungen für die Bürger Biebergemünds. Bürgermeister Matthias Schmitt beschreibt die Probleme und Folgen wie folgt: „Die Belegschaft kompensiert die Vakanzen durch eine enorme Einsatzbereitschaft und entsprechende Mehrarbeit. Die gilt für alle Bereiche der Verwaltung, für die Kindertagesstätte in Bieber (die einzige kommunale Kita in Biebergemünd, Anm. d. Red.) sowie die Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung. Darüber hinaus werden Leistungen auch vermehrt extern bezogen.“

Auswirkungen haben die Vakanzen in den Bauämtern aber nicht nur für die vorhandenen Verwaltungsmitarbeiter, sondern auch ganz konkret für die Bürger. Das macht auch Gründaus Bürgermeister Gerald Helfrich deutlich: „Die Folgen zeigen sich besonders an der Abarbeitung der im Investitionsprogramm aufgenommenen Projekte. Obwohl Haushaltsmittel bereitgestellt sind, können verschiedene Projekte erst später oder teilweise auch noch gar nicht in Angriff genommen werden.“ Beispielhaft nennt Helfrich die Erneuerung von Straßen in Kombination mit der Sanierung der Wasser- und Kanalleitungen, aber auch konkret den politisch beschlossenen Neubau einer Trauerhalle im Ortsteil Mittel-Gründau oder den Ausbau der Photovoltaik auf öffentlichen Gebäuden: „Das alles kann man letztlich nur mit dem erforderlichen Fachpersonal leisten.“

Bürgermeister setzen auf Zusatzleistungen und Veränderungen in der Baubranche. Nichtsdestotrotz hoffen die Bürgermeister darauf, die (Bau-)Lücken in ihren Verwaltungen möglichst zeitnah wieder schließen zu können. Ein Mittel dafür: Zusatzleistungen und Vergünstigungen, die die Verwaltung ihren Angestellten anbietet: „Wir haben beispielsweise das gesamte Thema Home-Office mit Beginn der Corona-Krise erfolgreich umgesetzt und bieten beispielsweise auch ein Programm für Job-Räder an“ sagt der Hasselröther Bürgermeister Matthias Pfeifer, der einer der wenigen Verwaltungschefs in der Region ist, der derzeit keine Vakanzen im Bauamt zu beklagen hat. Auf ähnliche Instrumente setzt auch die Gemeinde Biebergemünd. Bürgermeister Matthias Schmitt: „Unsere Bediensteten erhalten umfangreiche Zusatzleistungen bei den Themenkomplexen Altersvorsorge, Mobilität, Betriebliches Gesundheitsmanagement sowie Work-Life-Balance. Das Angebot an Arbeitgeberleistungen und weiteren Benefits wird aktuell noch weiter ausgebaut, sowohl zur Bindung unserer Stammbelegschaft wie auch zur Gewinnung neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.“ Zusätzlich sei die berufliche Weiterbildung sehr wichtig, weshalb die Gemeinde umfangreiche Schulungs- und Workshopveranstaltungen zur Fortbildung anbiete.

Letztendlich ist es aber auch die Hoffnung auf einen grundsätzlichen Wandel in der Arbeitswelt, auf die die Bürgermeister setzen. So meint Gründaus Rathauschef Gerald Helfrich: „ Persönlich habe ich die Hoffnung, dass uns die aktuelle wirtschaftliche Situation, insbesondere der deutlich spürbare Einbruch in der Baubranche, bei der Suche nach Fachkräften ein Stück helfen könnte. Durch den Auftragsboom der letzten Jahre war der öffentliche Dienst lange Zeit für Ingenieure und Techniker weniger attraktiv. Gerade mit Blick auf die Arbeitsplatzsicherheit könnte sich die Situation für den öffentlichen Bereich nun wieder verbessern.“

(MKK-Pressespiegel vom 10.01.2023)

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Die GE/CON GmbH ist ein Beratungs- und Dienstleistungsunternehmen. Als Strategie- und Managementberater für Public Management blicken wir mittlerweile auf mehr als 20 erfolgreiche Jahre voller Herausforderungen und Erfahrungen zurück. Aus dem Zentrum der Metropolregion Rhein-Neckar heraus, setzt sich die GE/CON Kommunalberatung für die Entwicklung von Zukunftsmodellen kommunaler Betriebe und Verwaltungen in ganz Deutschland ein.

Im Mittelpunkt der Tätigkeit stehen grundsätzlich die Erhaltung der Handlungsfähigkeit kommunaler Organisationen. Der Beratungsansatz fokussiert sich daher auf die Modernisierung von Prozess- und Organisationslandschaften kommunaler Leistungen, der Konzeption und Realisierung von interkommunaler Zusammenarbeit in kommunalen Betrieben und Kernverwaltungen, sowie dem Aufbau neuer Organisationseinheiten nach Re-Kommunalisierung, PPP, interkommunale Zusammenarbeit und deren kaufmännische Begleitung.

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